Jindrich Staidel
»Don´t cry for me Ceska Lipa!« Jindrich Staidel combo mit Micha Winkler in Aktion.
© pixelfis.ch
Rückblick 23. Elbhangfest 2013
Kalte Duschen und rote Zahlen:
Das erste Elbwasserfest
Feststimmung trotz Wasser von unten und oben: „Mein lieber Schwan“, sagten sich viele Dresdner und machten das Beste draus – leider nicht so viele, wie erhofft. Ein facettenreiches Fest mit wieder unvergesslichen (auch sehr nassen) Momenten ist zu Ende. Zwei Hochwasser-Fluten stellten die Elbhangfest-Macher auf die wohl härteste Nervenprobe seit Beginn der Festgeschichte.
Die Mitglieder des Festausschusses und das Organisationsbüro taten alles, um die Flutfolgen zu mindern. Ein großer Dank an alle ehrenamtlichen Organisatoren, an die Sponsoren und alle Mitwirkenden und Gäste! Ein besonderer Dank gilt der 22-jährigen Jorinde Unger, die als Interims-Geschäftsführerin dem Stress standhielt und an allen Brennpunkten Einsatz und Besonnenheit zeigte.
Als das Festplakat gezeichnet wurde, war noch nichts vom Hochwasser zu sehen. Trotzdem reitet der Schwan, von Wagner mit der Blauen Blume der Romantik gefüttert, auf stürmischen Wogen – eine unbewusste Vorahnung? Die Fluten entrissen dem Fest liebgewonnene Spielstätten – die Kirmes in Wachwitz, Pfarrgarten, Kirche und Plantagengut in Hosterwitz waren die schmerzlichsten Verluste. Das Drachenbootfest konnte nicht stattfinden. Gastronomen mussten improvisieren, Händler sagten ab. Und dann dieses Wetter! Die Folge: Weniger Besucher, geringere Einnahmen. Noch sind keine endgültigen Zahlen vorhanden, aber es gibt wenig Hoffnung auf einen ausgeglichenen Haushalt als Lohn der Mühen. Holger Friebel
Geistvolle Verknüpfung von Wagner und Wetter
Vielleicht haben wir in diesem Jahr das bisher leiseste Elbhangfest gefeiert, obwohl die themengebende Wagnersche Musik nicht immer leise daherkommt. Potentielle Krachmacher waren wahrscheinlich aus Rücksicht auf die zahlreichen Hochwasser-Betroffenen ohnehin zurückhaltend. Auch die Wetter- und Wasserstandsprognosen könnten dämpfend gewirkt haben, obwohl sich der gut aufgelegte Festeröffnungsredner Volker Wenzel als ausgefuchster Wetterspezialist und musikhistorisch gebildeter Klimatologe erwies. Der Vorsitzende des Elbhangfestvereins brillierte mit einer geistvollen Verknüpfung von 2013-Wetter und Wagner-Biografie (es fehlte nur das Opernzitat „Winterstürme wichen dem Wonnemond“). Freilich hatte er anregende Koreferenten dabei: Schirmherr René Pape (ein bisschen leise als Heldenbass), Dr. Ralf Lunau (erstmalig als Kulturbürgermeister auf dem Loschwitzer Festpodium) und Peter Flache, der bei der Moderation des „Festspielzuges“ die verrücktesten Poesien vom Stapel ließ. Dietrich Buschbeck
Fünffache Festeröffnung
Apropos Festeröffnung das diesjährige Fest wurde am Freitag mindestens fünffach eröffnet: mit der theatralischen Graupaer Premiere „Wagners Welt“, mit dem „eigentlichen“ Eröffnungskonzert in der Loschwitzer Kirche (eine szenisch-musikalische Männerchor-Meisterleistung), mit einer Benefizveranstaltung im Lingnerschloss zu Ehren Fritz Löfflers (auch ein Wegbereiter des kulturellen Elbhang-Selbstbewusstseins), mit dem traditionellen Open-Air-Kino an der Villa Rosenhof – hier wurde mit dem Archivfilm „Aufforderung zum Tanz“ musikhistorisch-nachdrücklich daran erinnert, dass es in Dresden vor Richard Wagner bereits Carl Maria von Weber gab, eine Tatsache, die ebenfalls Thomas Rosenlöcher bei seiner (Affen-) Lesung in der Weinbergkirche anklingen ließ – und mit „Gospel 4“ in der Weinbergkirche. Übrigens wurde das Open-Air-Kino erstmals nicht vom alljährlichen DNN-Sommerfest „gestört“ (die Zeitung hatte ihr Feuerwerkspulver auf Schloss Albrechtsberg bereits eine Woche vorher verschossen). Dietrich Buschbeck
Staatskapelle spielte im Regen
Der schlimmste Regen brach ausgerechnet zeitgenau über den einzigartigen Festhöhepunkt in Pillnitz mit René Pape und Tom Pauls und den Musikern der Staatskapelle herein, vor denen rund 1200 Besucher im strömenden Regen trotzdem ausharrten. Der spannendste Moment des Festes war wohl die Entscheidung, trotz der empfindlichen Instrumente weiterzuspielen. Großer Dank dafür gilt Tom Pauls, René Pape, dem Dirigenten Johannes Wulff-Woesten, Thomas Meining und allen Musikern! Unglaublich: Eine wetterfestere Bühne war den Organisatoren vorher aufgrund denkmalschutzrechtlicher Auflagen behördlicherseits untersagt worden nur um den Blick auf die Fassade nicht zu verdecken! Holger Friebel
8.000 Euro für Elbhang-Flutopfer gesammelt
Trotz des Regens wurden vor der Vorstellung von René Pape aus Mailand mitgebrachte, u. a. von Barenboim signierte „Walküre“-Plakate der Mailänder Scala zugunsten von Flutopfern versteigert. Zusammen mit der Sammlung aus der Aktion „Gelber Gummistiefel“ kamen rund 8.000 Euro zusammen. Holger Friebel
Lohengrin nur in der Turnhalle
Die von Regina Felber, Johannes Richter und vielen anderen Mitwirkenden mit großem Aufwand für die stimmungsvolle Kulisse des Wachwitzer Parkes (mit Baum!) vorbereitete Lohengrin-Aufführung wurde aus Angst vor Regen in die Turnhalle der Kreuzschule verlegt, obwohl sogar Schutzpavillons für die Instrumente vorbereitet waren. Die Absage erfolgte auch gegenüber dem Elbhangfest e. V. extrem kurzfristig, sodass viele Besucher enttäuscht vor der leeren Bühne standen. Ein großer Verlust und eine traurige Entscheidung der musikalischen Leiter, Dietrich Zöllner und Milko Kersten, denn der befürchtete Regen kam nicht. Ängstlich zu schnell aufzugeben, gibt der Jugend wohl kein gutes Beispiel! Über eine Wiederholungsaufführung wird nachgedacht. Holger Friebel
Festsplitter
Carl Maria von Weber die graue Eminenz
Die eigentliche Festeröffnung fand natürlich am Sonnabend (ohne Regen!) vor der Loschwitzer Kirche statt; hier war neben dem „composer in residence“ die „graue Elbhang-Eminenz“ Carl Maria von Weber (eine theatralische Maske-Kostüm-Meisterleistung) im Festspielzug nicht zu übersehen. Holger Friebel
Andersens „Däumelinchen“ zu Gast im Pillnitzer Familiengarten
Sandy Sanne (Spiel) und Alexander Weber (Livemusik) zeigten ein sehr poetisches Figurenspiel vom „Däumelinchen“. Der besondere Witz dieser Inszenierung lag darin, dass ein großer Maikäfer die Bühne bildete und die Spielerin darauf die Figuren agieren ließ. Das Publikum hielt trotz der windigen Witterung bis zum Schluss aus und konnte anschließend die beeindruckenden Figuren, die von den Gestaltern Barbara und Günter Weinhold geschaffen wurden, ganz aus der Nähe bewundern.
Es wäre sicher auch für das 24. Elbhangfest eine Bereicherung, wenn dieses sympathische Wandertheater aus der Nähe von Hamburg seine geplante Neuinszenierung „Mascha und der Bär“ dem Hangpublikum vorstellen könnte. Sonja Bernstengel
Wagner im Liegestuhl
Als besonderer Punkt wird Hartmut Haenchens „Wagner-Film-Klang-Garten“ an der Malerstraße in die Elbhangfest-Geschichte eingehen. Wer den „Aufstieg“ nicht scheute, wurde mit „Wagner pur“ in Spitzenqualität belohnt, durfte mit dem Kapellmeister H. H. plaudern, wohltuende Gastronomie genießen und – im Liegestuhl mit wärmender Decke – in Wagneropern versinken. Alles in Allem eine bemerkenswerte künstlerische Privatinitiative. Holger Friebel
Festgottesdienst mit Novitäten
Die Loschwitzer Festgottesdienst-Gemeinde vermerkte drei Besonderheiten: Pfarrer Markus Decker gab seinen „Elbhangfest-Einstand“. Dazu hatte er sich mit Pfarrer Ulrich Wagner (nomen est omen) Schützenhilfe aus München geholt, um im Rahmen einer Dialogpredigt in freier Rede einer „Götterdämmerung“ vorzubeugen, und erstmals zu einem Elbhangfest stellte der neue Leiter des Elbhang-Posaunenchores, der Ex-Philharmoniker Volker Kaufmann, seine Kompetenz unter Beweis. Dietrich Buschbeck
Opernstars beim Abschlusskonzert
Um große Wagnerstimmen zu hören, musste man nicht erst nach Bayreuth reisen, denn Camilla Nylund kam extra nach den TannhäuserProben zum Elbhangfest. Mit ihrer ausdrucksstarken und klaren Stimme verlieh sie den Rollen von Else, Senta und Elisabeth einen ganz besonderen Charakter und wurde von den männlichen Parts, Peter Lobert und Anton Saris, bravourös unterstützt. Für das Laienorchester „medicanti“ unter der Leitung von Wolfgang Behrend war Richard Wagner eine neue und große Herausforderung, der sie sich mutig stellten und mit dem Ausklang der Overture zu „Tannhäuser“ ein beeindruckend hohes Niveau erreichten. Jorinde Unger
Krachwitz „Blechlawine“
Sonntagnachmittag war in Krachwitz an der alten Feuerwache eine Band der ganz anderen Art zu erleben: die Trommelgruppe „Blechlawine“. Gegen 17 Uhr wurden zur Verwunderung der Anwesenden auf der Bühne alte Ölfässer positioniert, kurz darauf folgten dreizehn Männer und Frauen unterschiedlichsten Alters, in den Händen hölzerne Schlagstöcke. Insgesamt gehören zu „Blechlawine“ 23 Musiker. Ihre Stücke schreiben und proben sie seit 2000, dem Gründungsjahr der extravaganten Truppe.
Nach einer kurzen Ansprache legten sie auch gleich los: Der erste Song „Der Hecht“ war ungewohnt, doch spätestens beim dritten Stück, „UnFassbar“, war auch der letzte skeptische Zuschauer überzeugt. Der Rhythmus wirkte ansteckend und die Zwischenrufe der Musiker heizten dem Publikum zusätzlich ein. Acht Stücke trommelten die Musiker insgesamt und variierten dabei auch im Klang. Durch Stoffbezüge über den Enden der Holzstöcke wurde ein tieferer, durch Hinlegen eines Ölfasses wiederum ein eher blecherner Ton erzeugt. Auch an welcher Stelle auf die Fässer geschlagen wurde, bewirkte ein unterschiedliches Klangspektrum. Ob auf den Rand oder den Fassdeckel musikalische Abwechslung bot das Programm von „Blechlawine“ in jedem Fall.
Plakat 23. Elbhangfest
Plakat 23. Elbhangfest
© Elbhangfest e.V., Holger Friebel